There is a voice that doesn’t use words. Listen.
Rumi
Spiritualität – was bedeutet das eigentlich genau? Die meisten denken bei dem Thema wahrscheinlich an Tarot-Karten, Räucherstäbchen und Heilsteine. Oder an Gurus und „Eso-Tanten“ mit weißen Leinenhosen, die Weisheiten von sich geben wie „Der Weg ist das Ziel“ und dabei fast über dem Boden schweben. Und natürlich sind das alles Möglichkeiten, wie man seine Spiritualität leben kann. Aber was dabei viel wichtiger ist: Man kann es machen, nur man muss es eben nicht. Spiritualität ist für mich so viel mehr als das. Sie ist Verbundenheit – mit meiner Intuition, der Natur und allen anderen Menschen. Sie gibt mir einen Sinn und vor allem den Glauben daran, dass ich beschützt bin auf meinem Weg. Spiritualität ist also nichts Gruseliges oder Verruchtes, sondern immer nur das, was man selber daraus machen möchte. Und ich glaube tatsächlich, dass sie gerade heute viel Potenzial hat, einigen Menschen zu helfen: Immer mehr sind auf der Suche nach Halt, den sie – im Gegensatz zu früher – meist auch nicht mehr in der Kirche finden können. Das kann ich gut nachfühlen, denn mir ging es lange Zeit selber so. Da sind diese tiefe Unruhe und das Gefühl, nicht zu wissen, wo man im Leben eigentlich hingehört. Ich habe mich immer ein bisschen verloren gefühlt, als wäre ich einfach hier auf diesen großen Planeten gesetzt worden und hatte keine Ahnung, warum das eigentlich so ist. Natürlich konnte ich mir logisch erklären, wie und warum ich geboren wurde, oder auch wie die Welt entstanden ist. Aber dann blieben da immer noch die Fragen, die mir kein Wissenschaftler beantworten konnte: Die Fragen nach dem Sinn des Ganzen und dem Warum. Ist das Leben wirklich so willkürlich und passiert einfach nur? Manche haben Glück und führen ein schönes Leben, andere haben Pech und sind einfach unglücklich, ohne etwas dagegen tun zu können? Das hat sich für mich irgendwie nie so richtig stimmig angefühlt. Doch trotzdem habe ich es all die Jahre selbst gelebt, weil ich keine Alternative kannte. Ich wusste nicht, woran ich mich festhalten kann, bis ich durch meine Panikattacken dazu gezwungen war, eine Antwort auf die Frage zu finden. Welche Antworten ich in dieser Zeit für mich in der Spiritualität finden konnte, möchte ich gerne mit euch teilen und euch davon erzählen, was sie für mich bedeutet.
Du bist Teil von mir und ich bin Teil von dir
Ich habe lange überlegt, wie ich das Gefühl, das mir die Spiritualität gibt, am besten beschreiben kann. Mir ist dabei immer wieder die Geschichte mit meinem Ring in den Kopf gekommen. Erst fand ich sie nicht spannend genug, doch ich bin immer wieder zu ihr zurückgekommen und möchte es euch deshalb so erzählen: Bestimmt kennt ihr dieses Gefühl, wenn euch etwas so richtig tief bewegt. Das kann alles Mögliche sein – manchmal ist es ein Gedicht, ein Lied, die Art und Weise wie eine Person lacht, eine besonders tolle Blüte, oder manchmal auch ein Paar Schuhe, das ich total fühle. Ich weiß dann, das ist wie für mich gemacht. So verschieden diese Dinge auch sein können, sie ziehen mich irgendwie magisch an. Letztens habe ich mir dann diesen einen, ganz besonderen Ring von einer Goldschmiedin bestellt, mit dem ich schon lange geliebäugelt hatte. Und jedes Mal, wenn ich ihn mir jetzt anschaue, wird mir ganz warm und wohlig. Dann freue ich mich total und bin wieder begeistert, wie perfekt dieser Ring zu mir passt. Einmal habe ich sogar gedacht: Wenn ich ein Ring wäre, dann wäre ich genau dieser Ring. Und auch wenn sich das erst mal vielleicht merkwürdig anhört, ist es eigentlich genau das: Ich sehe einen Teil von mir selbst in diesem Ring. Denn so funktioniert für mich Spiritualität. Alles, was uns im Außen begegnet, zeigt uns immer einen Teil von uns selbst, so als würden wir in einen Spiegel schauen. Und was ich darin vor allem sehen kann ist: Wir sind alle irgendwie miteinander verbunden. Ich bin ein Teil von dir und du bist ein Teil von mir. Manchmal kann es eben sogar ein Ring sein, der mir das zeigt. Das ist dann ein Moment nur für mich, in dem ich mehr über mich selbst lernen kann. Aber noch schöner ist es, wenn ich dabei auch ein Gegenüber habe, mit dem ich den Moment teilen kann. So wie wenn ich mich mit meiner engen Vertrauten austausche, bei der ich weiß, dass da ein Band zwischen uns ist. Egal wie oft wir uns sehen oder sprechen, da ist diese Verbindung, die ich richtig spüren kann. Doch all das hat nicht nur etwas damit zu tun, wie viele gemeinsame Hobbys wir haben, ob wir miteinander verwandt sind, oder wie lange wir uns schon kennen. Worauf es ankommt, ist das Gefühl, das mir jemand gibt. Das beste Beispiel dafür ist eine Taxifahrt vor ein paar Monaten, die mir im Gedächtnis geblieben ist. Auch wenn wir uns das erste Mal gesehen habe, war es, als würde ich den Taxifahrer schon seit Jahren kennen. Wir haben uns sehr gut unterhalten, aber ich wusste, dass es nicht nur das war. Denn auch wenn ich es nicht so genau an etwas festmachen konnte, war da vor allem diese Verbundenheit, ähnlich wie die mit meiner Freundin. Auch wenn es dafür keine logische Erklärung gab, hat es sich angefühlt, als hätte ich einen alten Freund getroffen. Genau solche Momente zeigen mir immer wieder, dass es da etwas gibt, das viel größer ist, als nur ich selbst. Da gibt es etwas, das uns alle verbindet. Etwas, das wir alle in uns haben. Und diese Zugehörigkeit gibt mir ein Gefühl von Ruhe.
Warum wir alle wichtig sind
Doch die Spiritualität gibt mir nicht nur ein Gefühl von Verbundenheit, sondern vor allem auch den Sinn, nach dem ich so lange gesucht habe. Wie viele andere auch, habe ich mir früher oft gewünscht, endlich einen magischen Brief von Hogwarts zu bekommen und zu den „Außerwählten“ zu gehören, die besonders genug sind, um in dieser magischen Zauberwelt zu leben. Oder wie Frodo eine ganz eigene Aufgabe in der Welt zu haben, für die nur ich gemacht bin. Nur für mich schien das nie so richtig aufzugehen. Ich hatte nichts, in dem ich übermäßig gut war und von dem ich wusste: Das ist meine Berufung. Natürlich gab es auch damals schon Dinge, die mich begeistert haben, aber ich wusste einfach nicht, was mich wirklich ausmacht. Denn ich hatte mit der Zeit immer mehr verlernt, meiner inneren Stimme zuzuhören. Dass ich nämlich auch ins Gefühl gehen muss, damit ich etwas finde, das ich auch fühle, musste ich erst einmal wieder langsam lernen. Genau wie die Tatsache, dass das, was mir mein Bauchgefühl sagt, nicht einfach nur ein Zufall ist, den ich schnell abtun kann. Sondern, dass genau da der Schlüssel zu dem liegt, was ich mir eigentlich so sehr wünsche. All diese Dinge, die mich so sehr begeistern und anziehen, sind nicht einfach nur zufällig. Es ist, als würden sie mich rufen und mir sagen wollen: Hey, hier kannst du dir selbst wieder näherkommen. Ob es das Hobby ist, bei dem ich neue Kraft tanken und mich ausleben kann. Oder die Bücher, aus denen ich mehr über mich selbst lernen kann. Es ist, als würden all diese Dinge im Außen mit mir reagieren und genau das machen, was ich eben schon beschrieben habe: Eine Verbindung mit mir eingehen. Ich stelle mir das immer ein bisschen so vor wie bei Hänsel und Gretel, als hätte jemand eine Fährte auf dem Boden ausgelegt, der wir nur folgen müssen. Wobei natürlich dieses „nur“ eben nicht so leicht ist, wie es sich anhört. Meistens sind genau das die Dinge, die am meisten Mut und Überwindung kosten, auch wenn es sich richtig anfühlt. So war es bei mir auch auf meinem Weg, wie ich im Artikel On my way schon beschrieben habe. Ein Teil von mir wusste, dass es richtig ist, einen anderen Weg einzuschlagen, doch in den letzten Monaten fühle ich auch zum ersten Mal, warum mich mein Bauchgefühl damals so dahingezogen hat. Inzwischen kann ich bei dem, was ich mache, fühlen, dass ich genau dafür hier bin. Denn egal wie spannend und cool ich die Dinge fand, die ich früher gemacht habe. Es hat sich nie so stimmig angefühlt, wie das, was ich jetzt mache. Und ich weiß auch, dass ich da gerade erst hineinwachse und mich immer weiterentwickeln und verändern werde. Wer weiß, was ich in 10 Jahren mache. Aber wenn ich meiner Intuition weiterhin folge, bin ich mir ganz sicher, dass es sich mindestens genauso gut anfühlen wird, wie momentan. Ich weiß, dass ich sicher bin auf diesem Weg, solange ich meiner Intuition folge. Ich habe dadurch gelernt, mehr im Leben zu sehen und es mir auf meine ganz eigene Weise besonders zu machen. Dafür brauche ich keine magischen Zauberwelten mehr, sondern ich weiß jetzt: Das Magische liegt schon in den Dingen selbst. Jeder von uns ist wichtig. Und jeder von uns hat eine solche besondere Fähigkeit, für die er oder sie gemacht ist. Es kommt nur darauf an, ob man auch bereit dazu ist, das zu erkennen und vor allem zu spüren.
